
Die Mitarbeiter*innen der Agentur HAUS F kommen nicht nur aus unterschiedlichen Fachbereichen, sondern vereinen gleich zwei Branchen – Design und Handwerk – miteinander. Messestände, Schaufenstergestaltungen für das Hamburger Alsterhaus oder eine Bar unter freiem Himmel – die dreidimensionalen Produkte sind vielfältig. Das Besondere? Was als Idee beginnt, verlässt HAUS F erst wieder als fertiges Produkt, denn Design und Produktion liegen unter einem Dach. Ausgebildet wird ausschließlich in der Werkstatt – überraschenderweise jedoch weder zum*zur Tischler*in, noch zum*zur Maler*in und Lackierer*in. Die Auszubildenden absolvieren stattdessen eine Ausbildung als „Gestalter*in für visuelles Marketing“, die handwerkliche Ausprägung ist ein Alleinstellungsmerkmal der Agentur HAUS F.
Stehen die Werkstatt und damit das Handwerk immer an erster Stelle?
Das Handwerk ist unser Rüstzeug. Wir sind aber keine Werkstatt im üblichen Sinn, sondern ein Kreativlabor. Bei uns arbeiten Tischler*innen, Produktdesigner*innen und Innenarchitekt*innen, weil sie hier über den Tellerrand schauen können: Was gibt es für Materialien, was kann man damit machen? Die Hauptsache ist, dass das Material zum Produkt passt – den Rest erschließen wir uns. Während des Gestaltungsprozesses profitieren die Designer*innen von der Werkstatt direkt unter dem Büro: Unsere Entwürfe funktionieren immer, weil diejenigen, die ein Design entwickeln, ständig im Gespräch mit denen sind, die es anschließend produzieren. Genauso andersherum: Wenn ein*e Mitarbeiter*in aus der Werkstatt nach oben ins Büro kommt und vorschlägt, drei Arbeitstage zu sparen, indem eine andere Stellschraube benutzt wird, ändert der*die Designer*in kurzerhand den Entwurf.
Wichtig ist, dass der- oder diejenige für die Sache brennt – Ich möchte nicht jeden Tag Leuten in den Arsch treten.
Lars Altrock
Wonach sucht Ihr die Auszubildenden aus?
Auf etwas Bock haben, für eine Sache zu brennen, ist für uns das Wichtigste. Viele junge Leute haben überhaupt keinen Bock darauf, ihre Hände zu benutzen, sie scheiden aus, weil sie lieber im Büro sitzen wollen. Wir geben jedem die Möglichkeit, sich bei uns zu bewerben. Wichtig ist, dass der- oder diejenige für die Sache brennt – Ich möchte nicht jeden Tag Leuten in den Arsch treten. Wir unterscheiden aber durchaus, wer in was gut ist: Wir haben Jungs und Mädels, die können unglaublich gut entwerfen, aber nicht verkaufen. Dann gehen Matthias und ich mit ins Gespräch. Sie müssen nur die Idee erklären – wir verkaufen sie. Im Team musst du nicht alles können, wir sind im Grunde wie ein großes Zahnrad: unterschiedliche Charakterköpfe, aber alle mit dem Herz am rechten Fleck und Respekt vor jedem Einzelnen. Generell gilt: Wir sehen den Menschen. Der*Die Auszubildende ist ebenso Mitglied des Teams wie der Geselle oder die Gesellin. Dadurch, dass die Auszubildenden von Anfang an mitmischen und jeder ein Stück weit Verantwortung trägt, identifizieren sie sich schneller mit dem, was wir machen und können am Ende stolz auf das Ergebnis sein.
Spaß an der Sache reicht also?
Das klassische Handwerk ist ein wichtiger Teil der Ausbildung: Die Auszubildenden absolvieren Maschinenlehrgänge und wenn sie einmal Leerlauf haben, schieben wir kleinere Lehrgänge beispielsweise über das Lackieren ein. Generell verfolgen wir jedoch den Ansatz des autodidaktischen Lernens. Sie sollen lernen, mit Unvorhergesehenem umzugehen und kreativ nach Lösungen zu suchen. Man sollte nie annehmen, dass etwas funktioniert wie erwartet. Matthias und ich hatten beispielsweise einmal den Auftrag, bei einem Event über Nacht Folien von Nike aufzubringen – was einfach nicht klappen wollte. Es war zu kalt. Als wir das herausgefunden hatten, versuchten wir es mit einem Heißluftföhn – und es funktionierte. Die Überhänge solcher Klebefolien sammeln wir übrigens in der Werkstatt. Irgendwann kommt dann ein Tag, an dem die Auszubildenden den ganzen Tag über nur Folienschnitte aufziehen. Nach ein paar Stunden sind sie der Meinung: Folienschnitte kann ich. Und dann passiert ein Fehler. Und in diesem Moment beginnen sie sich zu fragen: Warum ist dieser Fehler passiert, wie kann ich ihn verhindern?
Ihr arbeitet mit hochwertigen Materialien – dürfen Auszubildende da Fehler machen?
Im Handwerk kann man nicht von Anfang an alles richtig machen. Früher bedeutete eine Ausbildung auch einen rauen Ton: Da versuchte man natürlich, Fehler zu vermeiden. Doch man lernt eben nur durchs Ausprobieren: Wie soll sich jemand entfalten, der nur zuguckt? „Try and Error“ – das ist unser Prinzip. Allerdings immer in Rücksprache und mit dem Ziel, aus Fehlern zu lernen. Denn es stimmt, Fehler kosten Geld. Insbesondere, wenn es sich um teure Materialien wie hochwertige Hölzer handelt. Und trotzdem sind Fehler wichtig – für Auszubildende ebenso wie für Gesell*innen oder mich als Chef.
Das Interview führten wir mit Lars Altrock, Geschäftsführer der Designagentur hausf.de